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Geh näher ran

Das Wesentliche des Fotos

Es liegt in der Natur der Fotografie, dass du immer – was du auch vor die Linse kriegst – das Hauptmotiv in einem Umfeld fotografierst. Du fokussierst dabei aufs Sujet, der Hintergrund verschwimmt je nach Blendenöffnung oder weniger in der Unschärfe. Es gibt verschiedene Tricks, das Motiv aus dem Hintergrund herauszulösen, um es besser zur Geltung zu bringen. Man kann den Hintergrund unscharf gestalten (Bokeh), was mit einer weit geöffneten Blende passiert. Wenn du das Motiv vor einen ruhigen Hintergrund ablichtest, wird es sich davon besser absetzen. 

In der Makrofotografie dient eine offene Blende dazu, den Hintergrund in die Unschärfe zu legen. Rechts dient ein ruhiger Hintergrund zur besseren Freistellung der Figur.

 

Wenn bestimmte Bildteile unvorteilhaft sind, sollen sie besser abgeschnitten werden. Der Ausschnitt gewinnt an Qualität.

 

Tiere in einem Gehege kannst du normal von oben herab in der Totalen zeigen. Ich glaube aber, solche Bilder sind nicht so wirkungsvoll, als wenn du ins Gehege steigst und die Tiere auf Augenhöhe porträtierst. Näher ran bedeutet hier, nicht die Situation zu dokumentieren, sondern einzelne Tiere zu porträtieren.

Die Truten vor einen ruhigen Hintergrund zu bekommen, heisst hier konkret, ein Einzeltier vor dem Himmel abzulichten, also von unten nach oben zu fotografieren.

 

Der Bildausschnitt hängt mit der Blick- oder Bewegungsrichtung des Motivs zusammen. Wenn das Kind nach oben schaut, ist mehr Raum oben angesagt. Ein höherer Kamerastandpunkt (von oben nach unten fotografieren) betont den Blick nach oben. Das Kind links steht in einer Extremposition am unteren Bildrand, während es im rechten Bild normal eingemittet ist.

 

Vom Stanserhorn Richtung Pilatus fotografiert. Zwei Gleitschirme zeichnen ihre Linien in den Himmel. Ein wenig aussagekräftiges Bild – zu weit weg.

 

Hier ist die Aussschnittwahl ungleich dynamischer gelöst. Der Flieger rechts sitzt kopfüber direkt in der Sonne. Näher ran ist die Devise.

 

Beschneide deine Fotos

Die heutigen Kameras haben eine hervorragende Auflösung. Selbst Handy liefern Fotos in 12-Megapixel-Qualität. Bezüglich Reproduktionsgrösse lassen sich damit Bilder bis A4 vergrössern und ausdrucken. Eine Einsteigerkamera liefert heute fast das Doppelte an Bilddaten, um 20 Megapixel. Das bedeutet, dass du deine Bilder nicht exakt aufs Format fotografieren musst, sondern den richtigen Ausschnitt in der Nachbearbeitung wählen kannst. Es gibt Bildermacher, die sich auf den sturen Standpunkt stellen, die Fotos grundsätzlich nicht zu beschneiden und zu bearbeiten. Nur vergeben sie dadurch Möglichkeiten in der Bildgestaltung. Wenn du bereits bei der Fotografie einen nahen Ausschnitt wählst (Close-up), kannst du das Fehlende im Bild nicht mehr ansetzen. 

 

Wenn du mit einer Profi- oder Semiprofikamera arbeitest, hast du noch mehr Bilddaten zur Verfügung. Im Internet sind 1000 Pixel in der Breite üblich. Meine Kamera mit 45 Megapixel zeichnet 8000 Pixel in der Breite auf. Ich kann also das Bild um 7/8 in der Breite beschneiden – sprich einen Ausschnitt wählen – und das Foto ist fürs Internet immer noch perfekt.

 

Ich plädiere also dafür, jeweils beim Fotografieren etwas mehr Umgebungsraum zu lassen, den man in der Nachbearbeitung immer abschneiden kann.

 

Das linke Bild ist mit genügend Umgebungsraum fotografiert, daraus lassen sich auch engere Ausschnitte wie rechts zuschneiden. Umgekehrt funktionierts nicht. 

 

Die Raumumgebung wirkt sich auf das ganze Bild aus. Die Randzonen im Bild beeinflussen die Bildaussage. Sie können Teil davon sein, aber auch störend wirken.

 

Das Close-up lässt Überflüssiges weg und konzentriert sich nur auf die eine Sache.

 

 

Der Bildschnitt gehört zur Nachbearbeitung wie andere Optimierungsmassnahmen: Einstellungen zu Farbstimmung, Helligkeit oder Sättigung. 

 

Im unteren Familienfoto sind störende Elemente zu sehen: die linke unteren Ecke wirkt viel zu unruhig, im Hintergrund rechts ist eine hellblaue Figur zu sehen. Durch den geeigneten Bildschnitt kannst du das Motiv (die drei Glücklichen) gross in Szene setzen.

 

Beim Betrachten und Beurteilen deiner Fotos fragst du dich immer, was die Bildaussage ist, und was im Bild wichtig ist. Bei Menschen sind es fast immer die Gesichter, die am meisten faszinieren. Es ist daneben nicht so wichtig, ob Hände oder Füsse ganz zu sehen sind oder abgeschnitten werden.

 

 

Mut zu Close-ups

Seine Fotos richtig krass zuzuschneiden, braucht etwas Mut. Oft sind gerade solche Fotos ungewöhnlich und spannend anzuschauen. Das scheinbar Wichtige wird dabei weggelassen, um der Fantasie zu überlassen, das Bild fertig zu deuten.

 

Die Sonne geht in der Proportion 1 : 3 im Bild unter, die schattige Figur wendet sich dem Fotografen zu. Die Wellen und der angewinkelte Arm bilden die Perspektive nach links hinten.

 

Vogel Greif im Anflug. Der Fokus liegt auf den scharfen Klauen, die den Himmel zerreissen. Beim Hinschauen entdeckst du Fussfesseln, welche den Vogel als Gefangenen einer Flugshow entlarven.

 

Die richtige Bildauflösung

Jedes Bild hat eine physische Dimension, die in Pixel gemessen wird. Deine Kamera zeichnet zum Beispiel 6000 × 4000 Pixel auf. Bei Fotobüchern oder Printouts wird ein bestimmte Auflösung erwartet, die eine optimale Bildqualität garantiert. Wenn ich also beim Originalbild Pixel abschneide oder im Fotobuch den Bildausschnitt vergrössere, laufe ich Gefahr, dass das Foto verpixelt gedruckt wird. Wie gross kann ich ein Foto aus meiner Kamera im Fotobuch in guter Qualität abbilden? Rechne die Pixelzahl in der Breite und Höhe geteilt durch 120 – dann erhältst du die Druckbreite in Zentimeter. Beim Beispiel oben

6000 Pixel : 120 = 50 cm

4000 Pixel : 120 = 33,3 cm

Fotos dieser Kamera können im Fotobuch also Bilder bis zu einer Grösse von 50 × 33,3 cm in einwandfreier Qualität gedruckt werden. 

 

 

Mit einer neuen Handykamera sind Bildformate um A4 kein Problem – ich habe auch schon Fotos im A3-Format daraus gefertigt.

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